Die Tellington-TTouch-Methode ist mittlerweile kein Geheimtipp mehr. Immer öfter hört man vom großen Nutzen der Berührungs- und Trainingstechnik für das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Haustiere und auch die Bindung zwischen Mensch und Tier soll durch diese Methode positiv beeinflusst werden.
Auch wenn du bereits von der Methode gehört hast, stellen sich dir bestimmt noch einige Fragen: Wie genau funktioniert das denn? Für was kann ich die Methode anwenden und kann ich meinem Vierbeiner damit wirklich so einfach helfen?
Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir dir hier das Wichtigste zur Methode, den Anwendungsfällen sowie der Wirkung dieser spannenden Technik zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis:
- Die Idee hinter Tellington TTouch®
- Für was wird Tellington TTouch® angewendet?
- Wie funktioniert die Tellington TTouch® Methode?
Die Idee hinter Tellington TTouch®
Tellington TTouch® wurde bereits in 70er Jahren von der kanadischen Tiertrainerin Linda Tellington-Jones aus der Feldenkrais-Methode heraus entwickelt. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Berührungs- sowie Trainingstechnik, bei der durch Stimulierung von Zellen und Nervenbahnen ein positiver Effekt auf den Körper des Tieres erreicht werden soll.
Allerdings beinhaltet die Methode deutlich mehr: Nicht nur steht eine ganz bestimmte Philosophie hinter dieser Technik, auch die Handgriffe und die Übungen folgen einer sehr speziellen Logik. Tellington-TTouch beinhaltet dabei sowohl eine Art Massagetechnik als auch gezielte Führübungen durch sogenannte “Tellington-Parcours”.
Die ganzheitlichen Grundannahmen lauten:
- Jedes Lebewesen ist ein Individuum mit speziellen Voraussetzungen und Bedürfnissen
- Jedem Lebewesen sollte mit Achtsamkeit und Respekt begegnet werden
- Training bedeutet Zusammenarbeit und Vertrauen zwischen Mensch und Tier
Dem Gedanken der Achtsamkeit folgend, geht es beim TTouch darum, den Körper durch sanfte und streichende Berührungen in einen entspannten, (körper-)bewussten und aufnahmefähigen Zustand zu versetzen. Durch Arbeit mit dem Körper legt man also die Grundlage für die Kopfarbeit.
Für was wird Tellington TTouch® angewendet?
Die Methode kann theoretisch bei allen Tieren angewandt werden, wobei sie vor allem bei Pferden, Hunden und Katzen verbreitet ist. Seit den 1990er-Jahren findet sie auch beim Menschen Verwendung.
Während bei gesunden und ausgeglichenen Tieren durch die Technik oftmals einfach ein gesteigertes Wohlbefinden erreicht werden kann, ist die Methode für viele kranke oder verhaltensauffällige Haustiere eine große Unterstützung. Die Haupteinsatzgebiete sind hierbei:
- Verbesserung des Trainings durch mehr Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit
- Verbesserung der Kommunikation zwischen Tier und Halter
- Vertrauensaufbau zwischen Tier und Mensch
- allgemeine Beruhigung
- Linderung von Schmerzen
- Beschleunigung von Heilungsprozessen
- Stabilisierung des Kreislaufs
- Minderung von Ängsten, Spannungen, Zwangsverhalten und Aggressionen
- Notfallhilfe bei Unfällen und/oder Schock
Wichtig: Tellington TTouch® ersetzt niemals den Tierarzt oder Trainer. Viel mehr kann die Methode als Unterstützung zur jeweiligen Behandlung bzw. zum jeweiligen Training verstanden werden. Bei ernsthaften Gesundheits- oder Verhaltensproblemen solltest du einen Experten zu Rate ziehen.
Wie funktioniert die Tellington TTouch® Methode?
Wie bereits gesagt, besteht die gesamte Methode einerseits aus einer Berührungs-, andererseits aus einer Führtechnik. Die Idee hinter beiden Elementen ist allerdings dieselbe: Der Körper wirkt auf den Geist - und andersherum.
Aus der Lerntheorie wissen wir, dass Reize aus der Umwelt zu einer Reaktion des Körpers und damit zu einem bestimmten Verhalten führen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn auch die körperliche Verfassung wirkt auf die Psyche und beeinflusst das Verhalten eines Lebewesens.
Einfach ausgedrückt: Tellington TTouch® geht davon aus, dass körperliche Balance zu psychischer Balance und damit zu mehr Gesundheit, erhöhter Lernfähigkeit, gesteigerter Kooperation und sozialer Kompetenz führt.
Diese positiven Wirkungen werden vor allem auf die Stimulierung von Zellen und Nervenbahnen sowie die Faszienmassage zurückgeführt. Durch letztere werden die Ruffini-Körperchen in der Haut deines Vierbeiners stimuliert. Dies führt wiederum zu einer Verringerung der Aktivität des sympathischen Nervensystems und einer Aktivierung bestimmter Neuronengruppen, was Stressreaktionen sowie Schmerzen reduzieren kann.
Gleichzeitig trägt der psychische Aspekt der intensiven Beschäftigung zwischen Mensch und Tier zur Steigerung des Vertrauens, zu einer besseren Bindungung und damit zum Wohlbefinden von Tier und Halter bei.
Falls dein Tier krank oder sehr verspannt ist, solltest du dir die Technik allerdings unbedingt von einem Therapeuten zeigen lassen, bevor du diese Methode auf eigene Faust anwendest.
Wichtig: Die Idee hinter dieser Methode ist nicht nur die Achtsamkeit gegenüber dem behandelten Tier, sondern vor allem auch gegenüber sich selbst. Alle TTouches sollten bewusst und absichtsvoll, das heißt mit voller Konzentration ausgeführt werden.
Die Berührungstechnik
Die Berührungstechnik der Tellington-TTouch-Methode beruht auf einem Basisgriff, dem sogenannten Basis-TTouch. Dieser besteht aus einer gleichmäßigen und ruhigen 1 ¼ Kreisbewegung, bei der die oberen Hautschichten gegen ihre Unterlage im Uhrzeigersinn mit der Hand verschoben werden und die zwischen 1 und 3 Sekunden dauert. Darauf aufbauend gibt es ganz unterschiedliche Berührungsmuster, die so klangvolle Namen wie beispielsweise Tiger-TTouch oder Liegender-Leopard-TTouch haben.
Verschiedene Bereiche des Körpers können durch sanftes Wandern der Hand bearbeitet werden. Die andere Hand sollte wenn möglich den Kontakt zum Tier durch einfaches Auflegen die ganze Zeit über halten. Auch Pausen nach und zwischen einigen Griffen sind fester Bestandteil des TTouch, damit dein Haustier Zeit hat, die Berührungen zu verarbeiten.
Hinweis: Um die TTouches auszuprobieren, solltest du eine Körperstelle wählen, die deinem Vierbeiner angenehm ist. Bei vielen Tieren sind die Seiten des Brustkorbs oder die Schultern ein guter Startpunkt.
Das klingt erstmal etwas kompliziert, ist aber ganz einfach: Stell dir das Ziffernblatt einer Uhr vor. Du beginnst beispielsweise bei 6 Uhr und kreist mit der Hand bis du wieder bei der 6 angekommen bist - und dann noch ein Stückchen weiter bis zur 9.
Diese genaue Angabe wirkt vermutlich auf einige etwas befremdlich. Hierzu können wir nur sagen: Diese spezielle Bewegung hat sich als hilfreich erwiesen, um Entspannung und gleichzeitig Aufmerksamkeit zu fördern. Und wir haben es an unseren Haustieren getestet - die Berührung kommt sehr gut an.
Tellington Touches werden außerdem in verschiedenen Druckstufen (1-10) durchgeführt, je nachdem an welcher Stelle und zu welchem Zweck behandelt wird. Generell sollte man das Tier durch sehr leichten Druck an die Berührungen gewöhnen. Im Laufe der Zeit kannst du dann ausprobieren, welche Druckstärke für deinen Vierbeiner am angenehmsten ist.
Die Führtechnik: Vertrauen statt Kontrolle
Ein weiteres Element der Tellington-Methode besteht aus einem speziellen Bodentraining, das sowohl bei Pferden als auch Hunden große Erfolge erzielen kann. Ziel ist auch hier, Aufnahmefähigkeit, Konzentration und Wohlbefinden durch körperliche Balance zu fördern.
Dein Haustier wird hier von dir über oder durch einfache Hindernisse, sogenannte Tellington-Parcours, geführt. Dies geschieht an verschiedenen Leinenarten, die deinem Vierbeiner unterschiedliche Bewegungsfreiräume und damit Bewegungserfahrungen bieten.
Gleichzeitig eröffnen die verschiedenen Führinstrumente (bei Pferden gehört hier auch eine Tellington-Gerte dazu) uns Menschen die Möglichkeit, klar und gezielt mit unserem Haustier zu kommunizieren. Das liegt daran, dass die Leinen an verschiedenen Punkten am Tier (bzw. seinem Geschirr oder Halfter) befestigt werden, wodurch eine Kommunikation durch sanfte Führsignale ermöglicht wird.
Körperbandagen und Thundershirts
Die dritte Säule der Tellington-Methode befasst sich ebenso mit Berührung und Druck auf verschiedene Körperregionen. Ähnlich wie bei der Berührungstechnik geht es hier auch um die Stimulierung von Hautrezeptoren mit dem Ziel eines besseren Körperbewusstseins, mehr Balance sowie einer Minderung von Stressreaktionen.
Der Vorgang, der bei der Verwendung von Körperbändern genutzt wird, nennt sich sensorische Integration. Darunter versteht man die Verarbeitung von Sinnesreizen aus Körper und Umwelt. Durch die permanent stattfindende Berührung soll ein besseres Körpergefühl, Stressreduktion und die Bereitschaft bzw. Befähigung zur Kooperation erreicht werden.
Hierfür werden spezielle, flexible Bänder um den Körper des Haustieres gebunden. Diese Bänder werden in verschiedenen Größen verkauft, sodass du die passende Breite und Länge für deinen Vierbeiner auswählen kannst. Gerade bei unsicheren Tieren kann man oftmals bereits kurz nach Anlegen des Bandes eine positive Veränderung bemerken.
Daneben sind sogenannte Thundershirts vielen Hundehaltern ein Begriff. Sie verfolgen dasselbe Prinzip wie Tellington-Bänder und sollen deinem Haustier durch den konstanten, angenehmen Druck auf den Oberkörper Sicherheit vermitteln.
Die Bänder sowie Shirts werden vor allen Dingen bei unsicheren, nervösen und ängstlichen Tieren eingesetzt. Auch in speziellen, sehr aufregenden Situationen (wie beispielsweise Silvester, Autofahrten oder Stadtspaziergänge) macht es unter Umständen Sinn, deinen Vierbeiner mit dieser einfachen Hilfestellung zu unterstützen. Hier können sowohl Thundershirts als auch Tellington-Bänder eine einfach Sofort-Maßnahme sein, die deinem Haustier das Leben deutlich erleichtern.
vetevo Fazit
Die Tellington TTouch®-Methode beruht auf der Annahme, dass Körper und Psyche eine Einheit bilden und sich gegenseitig beeinflussen. Dementsprechend versucht das Tellington-Prinzip durch Berührungstechnik, Trainingsmethode sowie spezielle Werkzeuge Tieren (und Menschen) zu helfen, besser trainieren, lernen und leben zu können. So kann die Methode gesunden und ausgeglichenen Tieren einfach Spaß und ein positives Training ermöglichen.
Diese auf Vertrauen zwischen Tier und Mensch basierende Herangehensweise kann aber auch (und vor allem) unsicheren, verhaltensauffälligen oder kranken Tieren helfen, in körperliche und psychische Balance zu finden. Dadurch werden Heilungsprozesse gefördert, die Beziehung zwischen Mensch und Tier verbessert und das Training erleichtert.
Natürlich ersetzt Tellington TTouch® weder den Gang zum Tierarzt noch die Hilfe eines professionellen Trainers - als Ergänzung hat diese Methode jedoch auf jeden Fall eine Erwähnung verdient.
vetevo - aus Liebe zum Tier.
Quellen:
- Angstverhalten beim Hund. In: Bolbecher G, Zurr D, Hrsg. Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag; 2014. doi:10.1055/b-003-125829
- Körperarbeit (TTouch im engeren Sinn). In: Bolbecher G, Zurr D, Hrsg. Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag; 2014. doi:10.1055/b-003-125829
- Körperbandagen, Thundershirt und Tapes. In: Welter-Böller B, Welter M, Janssen H, Hrsg. Faszientherapie beim Hund. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006-149812
- Tellington-Touch (TTOUCH) nach Linda Tellington-Jones. In: Dauborn S, Hrsg. Lehrbuch für Tierheilpraktiker. 4., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag; 2014. doi:10.1055/b-003-117820
- TTouches. In: Welter-Böller B, Welter M, Janssen H, Hrsg. Faszientherapie beim Hund. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006-149812
- TTouch bei Verhaltensproblemen des Hundes. In: Bolbecher G, Zurr D, Hrsg. Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag; 2014. doi:10.1055/b-003-125829
- Vorstellung einiger wichtiger Elemente der Tellington-TTouch-Methode. In: Bolbecher G, Zurr D, Hrsg. Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Sonntag Verlag; 2014. doi:10.1055/b-003-125829