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21.11.2023

Tollwut beim Hund – Gibt es Sie noch?

Tollwut? Gibt es das noch? Wann sollte ich meinen Hund impfen? Erfahre hier alles über Symptome, Verbreitung und Ansteckungsgefahr in Deutschland.
Tollwut beim Hund – Gibt es Sie noch?

Wenn ich an Tollwut denke, dann habe ich sofort das Bild eines aggressiven stark speichelnden Hundes im Kopf, der seine Zähne fletscht und bereit ist für den Angriff. Ein Bild, das aus einem Alptraum stammen könnte! Doch leider steckt eine reale, wirklich gefährliche Krankheit dahinter. Und diese Krankheit könnte nicht nur deinen Hund, sondern auch dich selbst gefährden.

Inhaltsverzeichnis:

Was ist Tollwut?

Tollwut ist ein Virus der Familie Rhabdoviren (im englischen heißt die Tollwut schlauerweise Rabies), welche sich in verschiedene Gattungen (Genotypen) aufteilen. Die Gattung Lyssavirus ist für die Tollwuterkrankung verantwortlich.

Die relevantesten Arten sind die urbane (“aus der Stadt kommende”) Tollwut, die hauptsächlich von Hund auf Hund übertragen wird und die silvatische (“aus dem Wald stammende”) Tollwut, welche von Wildtieren wie Füchsen, Wölfen etc. ausgeht.

Allerdings sind nicht nur die klassischen Wirte Hund, Fuchs, Fledermaus und Wolf Träger der Tollwut! Theoretisch können alle Wirbeltiere befallen werden. Jedoch dienen infizierte Menschen, Kühe oder Pferde eher weniger der Weiterverbreitung, sondern unterbrechen die Infektionskette durch den eigenen, sehr schmerzhaften Tod.

Tiere, die Tollwut übertragen - Gibt es eine Ansteckungsgefahr in Deutschland?

Erst einmal vorweg: Die Gefahr sich in Deutschland mit Tollwut zu infizieren ist verschwindend gering. In Deutschland ist Tollwut aufgrund der flächendeckenden Impfprogramme eine fast vergessene Seuche. Dennoch sind folgende Faktoren zu beachten:

  • Reisen
  • Aus dem Ausland importierte Welpen
  • Die Fledermaustollwut

Reisen

In anderen Ländern kannst du dich selbst sowie auch dein Hund sich infizieren. Tollwut zählt zwar nicht zu den häufigsten Reisekrankheit des Hundes, jedoch sollte man sich über die Verbreitung im Klaren sein. In Ländern wie Indien, Russland, als auch in östlich-südöstlichen Teilen Europas, gehört Tollwut leider zu den alltäglichen Problemen. Nach Schätzungen der WHO (World Health Organisation) sterben jährlich rund 59.000 Menschen an den Folgen einer Tollwutinfektion. Indien ist mit ca. 30.000 Todesfällen pro Jahr Vorreiter, aber auch in Russland sind in den letzten 3 Jahren insgesamt 14 Menschen an Tollwut erkrankt und in Frankreich gab es 2017 zuletzt einen Fall. In der Ukraine, der Türkei und Russland gibt es immer noch jährlich mehrere hundert Fälle bei Haustieren wie z. B. Hunden. Da sind die Wildtierfälle noch nicht mitgezählt.

Aus dem Ausland importierte Welpen

Gefälschte Impfausweise bei Tierschutzhunden zwielichtiger Organisationen sind keine Seltenheit. Auch wenn der bürokratische Weg manchmal nervig erscheint und man sich fragt ob das Ganze nicht ein wenig übertrieben ist: es scheint seine Berechtigung zu haben. Denn immer wieder gibt es Fälle bei denen schwerwiegende Krankheiten diagnostiziert werden, die es eigentlich in Deutschland nicht gibt. Krankheiten die nicht nur den Vierbeinern schaden sondern auch auf den Menschen übergehen können (Zoonose).

2008 gab es den letzten, sehr brisanten Fall im Landkreis Lörrach. Nachdem sich der Verdachtsfall bei dem aus Kroatien importierten Junghund bestätigt hatte, kam es zur Euthanasie. Es kam zu einer sehr aufwendigen Ermittlung von Kontaktpersonen und der darauffolgenden Impfaktion von 30 Leuten die direkten Kontakt hatten und weiteren unsicheren Bürgern. Doch das wirklich tragische dieser “Geschichte” waren die Konsequenzen für die ungeimpften Haustiere die ebenso in direktem Kontakt mit dem besagten Hund standen. Da es für die Tiere nicht die Möglichkeit der Impfung und anschließender Verwahrung auf der Quarantänestation gab, musste das ortsansässige Amt Zwangstötungen anordnen.

Die Kosten die bei diesem Noteinsatz entstanden sind mussten von der „Importeur-Familie” gezahlt werden. Der finanzielle Ruin!

Die Fledermaustollwut

Auch wenn die klassische “Fuchstollwut” bei uns als ausgerottet gilt, gibt es dennoch die Fledermaustollwut. Diese ist in Deutschland und anderen europäischen Ländern weit verbreitet. Gut dass unsere heimischen Fledermäuse Insektenfresser und keine “Vampire”, also Blutsauger sind. Denn dadurch ist das Ansteckungsrisiko ziemlich gering. Die WHO definiert ein Land aus erst als tollwutfrei, wenn es “frei von jeglichen Tollwutviren“ ist, somit haben wie nach diesen Kriterien keine komplette Tollwutfreiheit.

Der Biss der Tollwut - Bei der Übertragung ist der Speichel der Erreger

Die Viren werden durch einen Biss oder Kratzen durch infizierte Tiere auf ihr “Opfer” übertragen. Das wichtige Medium - der Erreger - ist hier das Speichelsekret, in dem es nur so von den winzigen Tollwutviren wimmelt. Durch die Verletzung funktioniert die natürliche Barrierefunktion der Haut nicht mehr. Die Viren dringen ein und es kommt zu einer lokal begrenzten Vermehrung im Muskel und dem umgebenden Gewebe.

Stadien der Tollwut - Verlauf einer tödlichen Krankheit

Nach der Infektion passiert erstmal gar nichts! Aber das bedeutet keinesfalls Entwarnung! Denn die Viren müssen sich erst vermehren und dann über die Nervenbahnen bis ins Gehirn weiter wandern. Erst dann gibt es die ersten Symptome und die Inkubationszeit, die Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch, ist abgeschlossen. Bis dahin können mehrere Monate bis hin zu Jahren vergehen. Im Normalfall spricht man allerdings von drei bis neun Monaten. Wenn eine Kuh ins Hinterbein gebissen wird, dann dauert es logischerweise länger bis das Virus bis ins Gehirn gewandert ist.

Wenn das Virus letztendlich im Gehirn angekommen ist, dann findet eine Vermehrung in den Nervenzellen (Neuronen) statt. Die dadurch entstehende Beeinträchtigung der Reizweiterleitung führt zu ersten klinischen Symptomen. Das Besondere am Tollwutvirus ist, dass das Lymbische System im Gehirn- welches unter anderem für Emotionen zuständig ist- angegriffen wird. Dadurch kommt es zu teils schwerwiegenden Wesensveränderungen. Aggressivität! Revierkämpfe oder sogar Angriffe auf den Menschen können die Folge sein.

Über die zurückleitenden (efferenten) Nervenbahnen gelangt das Virus nun wieder zurück in den Körper und besiedelt verschiedenste Organe, jedoch vor allem den Speicheldrüsen. Dort kommt es zu einer massiven Vermehrung des Virus wodurch das starkes Speicheln entsteht. Somit ist die Infektionskette geschlossen.

Und so kommen wir wieder zu meinem “Horrormovie-Bild”. Ein aggressiver, stark speichelnder Hund der bereit ist zum Angriff.

Die Symptome - Wie erkenne ich einen tollwütigen Hund?

In der ersten Phase der Tollwut, dem Prodromalstadium, kommt es zu Frühsymptomen wie:

Die Bissverletzung kann sich trotz Verheilung durch Schmerzen bemerkbar machen. Die zweite Phase wird “neuronale Phase” genannt. Diese wird je nach Spezies und Charakter in eine rasende und stille Wut unterteilt.

Die rasende Wut

Bei Hunden kommt es hauptsächlich zu Erregungszuständen und Aggressivität. Auch Hyperaktivität und das Verschlingen von Gegenständen könnten Hinweise auf eine Tollwutinfektion sein. Das Wild verliert interessanterweise die Scheu. Sie suchen mehr und mehr Kontakt zum Menschen oder fallen, wie beim Hund, durch aggressives Verhalten auf.

Der Mensch zeigt die ersten Anzeichen von Krämpfen und Lähmungserscheinungen. Oft kommt es zur sogenannten “Hydrophie” - der “Wasserfurcht”- was bedeutet, dass betroffene Tiere und Menschen Angst vor der Wasseraufnahme haben. Dies passiert weil Schlundkrämpfe auftreten, die das Gefühl des Erstickens vermitteln.

Die stille Wut

Beispielsweise Rinder zeigen eher untypische Symptome, die somit als stille Wut betitelt werden. Verdauungsstörungen und Durchfall treten auf, weil die Aktivität des Wiederkäuermagens (Pansen) und die Darmmuskulatur gehemmt wird. Aber auch bei Hunden muss Aggressivität kein Leitsymptom sein. Also Vorsicht! Tollwütige Tiere können sich auch eher "ruhig" verhalten sodass man die Erkrankung kaum mitbekommt.

Die letzte Krankheitsphase wird “paralytische Phase” genannt. Kommt es zu dieser Phase, kann leider therapeutisch nichts mehr abgewendet werden. Sie ist zu fast 100%iger Wahrscheinlichkeit die „Endstation“ und dauert ungefähr eine Woche. Der sehr schmerzhafte Tod tritt durch starke Krämpfe und Lähmung des Atemzentrums ein. Bewusstlosigkeit kann ebenfalls ein fast als positiv anzusehen der Nebeneffekt sein. Es bleibt zu hoffen, dass der komatöse Zustand vor der vollständigen Atemlähmung eintritt. Der Weg dahin wird allerdings als absolute Qual wahrgenommen und der Tod erscheint wie eine Erlösung.

Tollwutverdacht beim Hund? Die Diagnose

Der erste Verdacht wird meist durch die Wesensveränderung gestellt werden. Ein absolut umgänglicher Hund der plötzlich aggressiv ist oder gar zu beißt? Aber auch eine reduzierte Futteraufnahme, Trinkverweigerung und Ängstlichkeit können ein Indiz sein. Durch die Gefahr für den Menschen wird der Hund abgesondert und eine Quarantänestation eingerichtet.

Ein erster Nachweis am lebenden Tier kann durch die Bestimmung von virusspezifischen Antikörpern vorgenommen werden (indirekter Nachweis). Um sicher zu gehen, ist jedoch erst der Virusnachweis im Gehirngewebe am toten Tier aussagekräftig genug, um amtlich anerkannt zu werden (direkte Nachweis durch Immunfloureszenztest und eine PCR =Polymerase Chain Reaction). Deutliche Veränderungen am Gehirn erkennen die Pathologen histologisch durch ein Mikroskop, letztendlich die finale Antwort.

Therapie - Wann macht die Tollwutimpfung Sinn?

Therapieversuche beim seuchenverdächtigen und ansteckungsverdächtigen Tier sind leider verboten! Bei Bestätigung der Diagnose oder profundem Verdacht ist eine Euthanasie unabwendbar. Da es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche handelt ist selbst der Verdacht bei der zuständigen amtstierärztlichen Stelle zu melden. Alles Weitere regelt der zuständige Amtstierarzt. Bei Menschen gibt es die Möglichkeit erst nach einem Biss zu impfen (Post- Expositionsimpfung), da das Virus erst bis in das Gehirn wandern muss bevor es sich zum unbesiegbaren Gegner entwickelt.

Jedoch ist diese Möglichkeit bei unseren Vierbeinern aufgrund von der Quarantäneproblematik schwierig umzusetzen und deswegen ist jeglicher Therapieversuch, wie die nachträgliche Impfung des Hundes, verboten. Verdächtige Tiere werden euthanasiert, es sei denn der Halter kann lückenlose Tollwutimpfungen seines Hundes nachweisen. Eventuell entscheidet der Amtstierarzt eine anschließende Quarantäne zur Sicherheit. Um im Ernstfall also die besten Karten zu haben, sollte man seinen Hund frühzeitig gegen Tollwut impfen lassen und die Tollwutimpfung immer wieder (alle 3 Jahre) rechtzeitig auffrischen. Somit kann man als Tierbesitzer einen lückenlosen Impfschutz nachweisen.

vetevo Fazit

Deutschland ist zwar Dank der guten Überwachung und Impfkampagnen tollwutfrei, allerdings ist die Tollwut in anderen Ländern ein echter Killer. In Europa gibt es einige Länder wie z. B die Ukraine, die noch immer schwer mit der Wildtiertollwut zu kämpfen haben. So weit weg ist das gar nicht! Und das größte Risiko heute ist der erwähnte illegale Hundeimport.

Hier ist es natürlich auch wichtig, dass Tiermediziner und Humanmediziner an einem Strang ziehen. Denn Krankheiten die von Mensch auf Tier oder auch von Tier auf den Menschen übertragen werden (Zoonosen), können nicht nur einseitig bekämpft werden, sondern fordern eine Zusammenarbeit. Außerdem ist es wichtig, die Impfprogramme einzuhalten und langfristig durchzuführen.

Außerdem besteht nicht nur für deinen eigenen Hund Gefahr! Du trägst die Verantwortung für Tiere in deiner direkten Umgebung. Durch das Einschleppen von Krankheiten kann es im schlimmsten Fall zu einer Epidemie kommen.

Deswegen empfehlen wir (angelehnt an die StIKo Vet - Ständige Impfkommission Veterinärmedizin) weiterhin den eigenen Hund gegen Tollwut zu impfen, da dein Vierbeiner genau in solchen Fällen “besser gestellt” ist.

vetevo - aus Liebe zum Tier.

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